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 5.1 VwGH: Hauptwohnsitzbefreiung bei einer „Hausherrenwohnung“ in einem Zinshaus
Nur Eigentumswohnungen iSd Wohnungseigentumsgesetzes und Eigenheime können unter die Hauptwohnsitzbefreiung des EStG fallen. Allenfalls reicht auch die Begründung von vorläufigem Wohnungseigentum iSd § 45 WEG aus. Eine analoge Befreiung für eine von einer Liegenschaftseigentümerin als Hauptwohn- sitz bewohnte Dachgeschoßwohnung in ihrem Zinshaus ist bei Veräußerung des gesamten Zinshauses, an welchem kein Wohnungseigentum begründet war, nicht möglich. Daher ist zu beachten: Jedenfalls vor Verkauf eines Zinshauses, in dem der oder die Verkäufer/in ihren Hauptwohnsitz entsprechend der sonstigen Kriterien des EStG hatte, noch schnell zumindest vorläufiges Wohnungseigentum begründen.
5.2 VwGH: Wohnrechtsablöse steuer-
pflichtig gem. § 29 Z 3 EStG
Der VwGH hat in einem neuen Erkenntnis zwischen der Ablöse eines Wohnrechts und eines Fruchtgenussrechts unterschieden. Der Entscheidung zufolge stellen entgeltliche Ablösen von bloßen Wohnrechten sonstige Einkünfte gem. § 29 Z 3 EStG dar. Der VwGH begründet diese Rechtsansicht damit, dass es sich beim Wohnrecht um ein nicht übertragbares Gebrauchsrecht handelt. Deshalb sei die Wohnrechtsablöse nicht als Veräußerungsvor- gang zu werten. Vom Wohnrecht sei das Fruchtgenussrecht zu unterscheiden, welches jederzeit übertragen werden könne. Wird das Fruchtgenussrecht an einer Wohnung „der Ausübung nach“ übertragen, führt dies beim Übertragenden zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Wird das Fruchtgenussrecht hingegen „der Substanz nach“ übertragen, ist das Entgelt beim Übertragenden nach Ablauf der (einjährigen) Spekulationsfrist nicht steuerbar.
5.3 Halber Steuersatz für Pensions- abfindung eines Gesellschafter- Geschäftsführers bei Einstellung seiner Tätigkeit
Beendet ein wesentlich beteiligter Gesellschafter-Geschäftsführer seine Tätigkeit, hat er einen Aufgabegewinn nach § 4 Abs 1 EStG sowie den Übergangsgewinn zu ermitteln. Unbestritten blieb im vorliegenden Fall, dass der Anspruch auf Abfertigungszahlung einen Teil des Übergangsgewinns darstellt. Der VwGH (19.4.2018 Ro 2016/15/0017) stellte aber klar, dass auch die aus der Pensionszusage resultierende Forderung auf Kapitalabfindung im Übergangsgewinn zu erfassen ist. Die Forderung auf Abfindung ist in durchsetzbarer Weise entstanden, da gleichzeitig mit dem Ausscheiden aus der Geschäftsführung das vertraglich zuste- hende Recht auf Abfindung ausgeübt wurde. Weiterer - zeitlich nachgelagerter - Voraussetzungen, wie etwa eines Gesellschaf- terbeschlusses, hat es nicht bedurft. Die Forderung ist damit Teil
der außerordentlichen Einkünfte iSd § 37 EStG, für welche sich der Steuersatz auf die Hälfte des auf das gesamte Einkommen entfallenden Durchschnittssatzes ermäßigt, wenn die sonstigen Voraussetzungen dafür zutreffen (Einstellen der Erwerbstätigkeit ab Vollendung des 60. Lebensjahres bzw. wegen Erwerbsunfähigkeit oder Tod, mindestens 7-jährige Betriebsdauer, Antrag!).
5.4 Invalidenfahrzeug steuerlich
absetzbar
Ein behinderter Steuerpflichtiger erwarb ein Invalidenfahrzeug um einen Anschaffungspreis von € 22.241,00, das speziell für Benutzung durch Invalide konstruiert wurde und für gewöhnliche Fahrzeuglenker wegen der sehr eingeschränkten fahrtechnischen Nutzungsmöglichkeit nicht attraktiv sein konnte (z.B. Auflage der Zulassungsbehörde, 10 km/h bei optimalen Bedingungen nicht zu überschreiten). Er beantragte die Anerkennung als außergewöhnliche Belastung als „Hilfsmittel“ iSd § 4 VO zu §§ 34 und 35 EStG.
Trotz der bisherigen VwGH-Rechtsprechung (VwGH 20.5.2010, 2007/15/0309; 27.2.2014, 2011/15/0145, zu einem Elektromobil), die sich ihrerseits auf das Erkenntnis des VfGH vom 13.5.2003, B 785/02, stützt, welches besagt, dass der Begriff „Hilfsmittel“ weit auszulegen sei, erkannte die Finanzbehörde das Invalidenfahrzeug nicht als ein „Hilfsmittel“ nach § 4 VO zu §§ 34 und 35 EStG an. Das Fahrzeug wurde vom bundesweiten Fachbereich Lohnsteuer infolge der geschlossenen Kabine sogar als „wetterunabhängiger Fahrspaß“ bezeichnet.
„Hilfsmittel“ iSd § 4 VO zu §§ 34 und 35 EStG sind nicht regelmäßig anfallende Aufwendungen für Gegenstände und Vorrichtungen, die geeignet sind, die Funktion fehlender oder unzulänglicher Körperteile zu übernehmen oder die mit einer Behinderung verbundenen Beeinträchtigungen zu beseitigten oder zu mildern (siehe dazu LStR, Rz 850; Jakom/Peyerl, EStG11 [2018] § 34 Tz 25).
Nach dem Vorlageantrag an das BFG wurde das Invaliden- fahrzeug infolge seines offensichtlich geringen Verkehrswerts für Nichtinvalide, der zu keiner „Vermögensumschichtung“ führte, mit Aufhebungsbescheid gem. § 300 BAO und berichtigtem Einkommensteuerbescheid dann doch als „Hilfsmittel“ iSd § 4 VO zu §§ 34 und 35 EStG und nicht mehr als „Kraftfahrzeug“ iSd § 3 dieser VO (Berücksichtigung lediglich eines monatlichen Freibetrags) beurteilt.
5. RECHTSPRECHUNG
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